Neurodiversität ist unsichtbar.
Neurodiversität ist nicht heilbar.
Neurodiversität kennt kein Alter.
Das bedeutet, dass Neurodiversität sowohl junge Menschen, als auch Menschen im mittleren Erwachsenenalter sowie Senioren betrifft. Daher ist es essenziell, Neurodiversität für alle Altersbereiche zu berücksichtigen. Gerade im Bezug auf Barrierefreiheit wird Neurodiversität oft außer Acht gelassen. Das geschieht in der Regel nicht böswillig, sondern aufgrund von Unwissen und fehlender Aufklärung in der Gesellschaft.
Wichtig für die Barrierefreiheit: Die Anzahl an betroffenen Menschen im Spektrum der Neurodiversität ist beachtlich. Noch beachtlicher ist, dass die Dunkelziffer mindestens genauso groß eingeschätzt wird. Viele Menschen mit neurodiverser Beeinträchtigung bekommen erst im Erwachsenenalter eine Diagnose oder auch NIE. Vor allem die aktuelle Generation der Senioren (65+) sind von der Dunkelziffer am meisten betroffen.
Warum ist Barrierefreiheit für Senioren mit Neurodiversität besonders wichtig?
- Diagnose im Erwachsenenalter oder nie?:
- Viele Menschen mit neurodiversen Bedingungen wie Autismus, ADHS, Depressionen, Migräne, Bipolare Störung, Dyspraxie, Dyskalkulie, Legasthenie, Hochbegabung, Synästhesie und Tourette-Syndrom oder Tic-Störung werden erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Dies kann einerseits eine Erleichterung sein, weil es Erklärung und Verständnis für lebenslange Herausforderungen bietet, andererseits kann es aber auch emotional belastend sein, da Betroffene ihr Leben lang ohne entsprechende Unterstützung und Verständnis gelebt haben. Viele Erwachsene Menschen bleiben jedoch auch ein Leben lang undiagnsotiziert, was zu einem lebenslangen leiden führt.
- Änderungen der Symptome Im Alter:
- Mit dem Alter können sich die Symptome neurodiverser Zustände verändern:
- ADHS: Menschen können eine Abnahme der Hyperaktivität erfahren, aber Schwierigkeiten mit Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen können bestehen bleiben. Wird auf die Symptome keine Rücksicht genommen, können vor allem im steigenden Alter schwere Depressionen entstehen.
- Autismus: Veränderungen in der sozialen Interaktion und sensorischen Empfindlichkeit können unberücksichtigt und unbehandelt stärker werden. Anpassungsmechanismen, die im Laufe des Lebens entwickelt wurden, können im Alter an Wirksamkeit verlieren. Dadurch können schwere Depressionen entstehen sowie Rückzug, Vereinsamung, Isolation und Lebensunlust.
- Depressionen: Symptome können sich verschärfen oder verändern, oft beeinflusst durch Lebensereignisse wie den Verlust von Angehörigen, körperliche Einschränkungen sowie Unverstandenheit.
- Migräne: Häufigkeit und Intensität von Migräneanfällen können sich ändern. Einige Menschen erleben eine Verringerung der Migräneanfälle im Alter, während bei anderen die Symptome bestehen bleiben oder sich sogar verschlechtern. Menschen mit akuter Migräne können mitunter nicht mehr klar denken, reden und am Leben teilnehmen.
- Bipolare Störung: Die Phasen von Manie und Depression können sich verändern. Manche erleben stabilere Phasen, während andere eine Zunahme oder Änderung der Zyklizität erfahren.
- Dyspraxie: Motorische Fähigkeiten können sich weiter verschlechtern oder stabil bleiben, je nach individueller Anpassung und Training.
- Dyskalkulie und Legasthenie: Schwierigkeiten im Umgang mit Zahlen und Schrift können bestehen bleiben, jedoch können kompensatorische Strategien weiterentwickelt werden.
- Hochbegabung: Kognitive Fähigkeiten können erhalten bleiben, aber der Umgang mit emotionalen und sozialen Herausforderungen kann variieren.
- Synästhesie: Wahrnehmungserlebnisse bleiben meist konstant und verändern sich wenig im Alter.
- Tourette-Syndrom/Tic-Störung: Tics können sich im Alter vermindern oder stabil bleiben, wobei der Stresspegel einen großen Einfluss haben kann.
- Mit dem Alter können sich die Symptome neurodiverser Zustände verändern:
Auswirkungen von Neurodiversität auf Senioren und Bedarf an Barrierefreiheit
- Kognitive und Emotionale Gesundheit:
- Depressionen: Ältere Erwachsene mit Depressionen haben ein erhöhtes Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz. Der emotionale Stress kann ebenfalls zu einer Verschlechterung der physischen Gesundheit führen.
- Migräne: Chronische Schmerzen durch Migräne können zu einer Verschlechterung der Lebensqualität führen, besonders wenn sie mit anderen altersbedingten gesundheitlichen Problemen kombiniert werden.
- Bipolare Störung: Die emotionalen Höhen und Tiefen können im Alter schwieriger zu managen sein, besonders ohne ein stabiles Unterstützungsnetzwerk.
- Dyspraxie: Motorische und koordinative Herausforderungen können alltägliche Aufgaben erschweren, insbesondere in Kombination mit altersbedingten körperlichen Einschränkungen.
- Dyskalkulie und Legasthenie: Schwierigkeiten in Zahlen- und Schriftverarbeitung können alltägliche Aufgaben wie das Verwalten von Finanzen oder das Lesen von Dokumenten erschweren.
- Hochbegabung: Ältere hochbegabte Menschen können unterfordert und isoliert sein, besonders wenn intellektuelle Stimulation fehlt.
- Synästhesie: Die einzigartige Wahrnehmung kann weiterhin eine Bereicherung oder eine Herausforderung darstellen, je nach Kontext und individueller Anpassung.
- Tourette-Syndrom/Tic-Störung: Chronische Tics können zu physischen Beschwerden führen und soziale Interaktionen erschweren.
- Soziale Interaktion und Unterstützung:
- Senioren mit unerkannter Neurodiversität können besonders stark unter sozialer Isolation leiden. Die sozialen Netzwerke schrumpfen oft im Alter, und ohne frühere Diagnose und Unterstützung können sie Schwierigkeiten haben, neue soziale Verbindungen zu knüpfen.
- Unterstützungsbedarfe ändern sich ebenfalls. Menschen, die zuvor unabhängig waren, könnten zusätzliche Unterstützung bei Alltagsaufgaben benötigen, was durch eine späte Diagnose erklärt und besser adressiert werden kann.
- Gesundheitsversorgung:
- Das Gesundheitssystem ist oft nicht auf die Bedürfnisse neurodiverser Senioren ausgerichtet. Es kann an spezifischem Wissen und Verständnis fehlen, was die Diagnose und Behandlung neurodiverser Zustände im Alter erschwert.
- Eine späte Diagnose kann helfen, maßgeschneiderte Pflege- und Unterstützungsstrategien zu entwickeln, um die Lebensqualität zu verbessern.
Unterschiede zwischen Diagnostizierten und Nicht-Diagnostizierten
- Diagnostizierte Senioren:
- Haben möglicherweise Zugang zu spezifischen Unterstützungsangeboten und Therapieformen, die ihre Lebensqualität verbessern können.
- Können besser verstehen, warum sie bestimmte Herausforderungen erleben und dadurch gezielter daran arbeiten.
- Nicht-Diagnostizierte Senioren:
- Erleben oft ein lebenslanges Gefühl der Andersartigkeit und Missverständnisse, was zu einem erhöhten Risiko für psychische Gesundheitsprobleme führt.
- Fehlen oft spezielle Unterstützungsangebote und ein Verständnis für ihre einzigartigen Bedürfnisse, was im Alter zu verstärkten Problemen führen kann.
Fazit
Die Herausforderungen, denen sich neurodiverse Senioren gegenübersehen, können komplex sein und sich sowohl durch eine Veränderung der Symptome als auch durch das Fehlen früherer Unterstützung verschärfen. Eine frühere oder späte Diagnose kann erheblich dazu beitragen, das Verständnis und die Unterstützung zu verbessern, was letztlich zu einer besseren Lebensqualität führt.
Für die Arbeit zur Verbesserung der Barrierefreiheit ist es wichtig, diese Unterschiede zu berücksichtigen und maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Altersgruppen zu entwickeln, um die Bedürfnisse aller neurodiversen Menschen generationenübergreifend zu adressieren.
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